Von Scheinen zum Schein

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Foto: Clemens Fabry

Die Initiative ging von einigen Schweden aus. Diese Befürworter der Abschaffung des Bargeldes sind der Meinung, dass dadurch die Kriminalität sinken würde, da sowohl der Schwarzarbeit wie auch Drogenkartellen die Grundlage entzogen würde. Oder auch, dass man sich dann nicht mehr vor Raubüberfällen zu fürchten brauchte, da es sowieso nichts zu stehlen gäbe. Die schwedische Polizeipräsidentin geht sogar so weit, zu sagen, wer das Bargeld verteidigt, der müsse doch etwas zu verbergen haben.

Einige Statistiken belegen allerdings, dass Schwarzarbeit nur um maximal 30% sinken würde, da anstelle von Scheinen und Münzen automatisch andere handfeste Währungen, wie etwa Naturalien, Gutscheine, Bitcoins oder andere virtuelle Währungen und Dienstleistungen als Zahlungsmittel für solch Arbeit akzeptiert werden würde.
Problematisch ist auch, dass damit den Banken eine extreme Macht gegeben wird, da jeder der irgendetwas erwerben möchte, ihr Kunde sein muss.

Viele möchten das Bargeld auch aus einem anderen Grund erhalten. Eine Abschaffung desselben wäre ein extremer Eingriff in die Privatsphäre aller. Jede Bank und sogar der Staat könnten dann über jeden alles erfahren, was sich anhand seines Konsumverhaltens feststellen lassen würde, also fast alles. Kritiker sprechen hierbei sogar von einer totalen Überwachung ohne Kameras. Da dieses einen sehr guten Einblick in jeden Menschen gibt, wäre es Firmen möglich, noch personenbezogenere Werbung für Einzelne zu schalten, um somit eine Profitmaximierung herbeizuführen. Für Krankenkassen und dergleichen gilt dasselbe. Ein Beispiel: Wenn sie bemerkt, dass man nur einmal im Halbjahr eine neue Zahnpasta kauft, zahlt die KK einfach keinen Zahnarztbesuch mehr.

Ein anderes Problem stellt sich natürlich auch noch: Nur Scheine und Münzen gelten als gesetzliches Zahlungsmittel. Buchgeld, also Geld, das nur virtuell auf Konten existiert, ist also gar kein Geld, sondern nur ein Anspruch auf Geld und somit kein legitim-gesetzliches Zahlungsmittel. Wenn alle Leute gleichzeitig ihre Ansprüche auf ihr Erspartes geltend machen würden, d.h. all ihr Geld abheben, dann könnten lange nicht alle bedient werden, weil es bei weitem nicht so viel Bargeld wie Buchgeld gibt, denn dies (auch Giralgeld genannt), kann von Banken einfach so, per Knopfdruck auf die Enter-Taste, erschaffen werden. Wie diese Ansprüche aber ohne genügend Bargeld (so wie es aktuell der Fall ist) bedient werden sollen, ist ein Rätsel. Man spricht hier von einem sog. „Bankrun“, der die Banken in den Ruin treiben würde. Somit würde die Bargeldabschaffung hauptsächlich als Sicherheit für Banken fungieren.

Aus Wirtschaftstheoretikerkreisen wird aus einem sehr zweifelhaften Grund zur Abschaffung des Bargeldes geraten: Für die nächsten Jahrzehnte ist eine Stagnation der Wirtschaft vorhergesagt. Wenn jetzt jeder Bürger dazu gezwungen wäre, all sein Geld auf die Bank zu tragen, dann könnte diese einfach einen Negativzinssatz von zum Beispiel -3% einführen. Das würde zur Folge haben, dass alle ihr Geld lieber ausgeben – egal wofür. Dieser extreme Konsum würde dem Wirtschaftswachstum zwar einen gewaltigen Schub verleihen, aber auch zur Verarmung der meisten Menschen führen.

Ein Gastbeitrag von Ignaz Staudinger.

Danke an den Autor und für das Recht der Übernahme.

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